Vor zwei Jahren wurde ich in einem Interview gefragt, welche Hoteltrends ich für die Zukunft erwarte.

Und das war meine Antwort:

The hotel business is going to experience more professionalism. I do not share the opinion that only budget and luxury hotels are going to succeed. With the time being, a good new middle line is coming up – at the moment it does not shown, but I can sense it.”

Sicherlich haben Budget Hotels stark zugenommen und ebenso die Luxushotellerie, doch ob sich ein weiterer Stern für die/den Unternehmer/in auszahlt, wird häufig in Frage gestellt. Zahlenmäßig steht die 3-Sterne-Hotellerie klarerweise auf besseren Beinen, denn die Investitionskosten sind um einiges geringer als in der gehobenen Hotellerie, ebenso wie die Fixkosten in puncto Personal und Betriebskosten. Also ist es kaum verwunderlich, dass ein gutes 3-Stern Hotel liquider als ein Luxushotel ist. Doch dieses Jahr zeigt sich ein neuer Trend, die 3-Sterne Hotels holen in der Auslastung auf, wie Dr. Hartl in seinem Blogbeitrag in der Tourismuspresse schreibt. (http://www.tp-blog.at/destinationen/drei-stern-kategorie-holt-auf)

Welche Gründe mag es wohl dafür geben?

  • Schlicht und einfach der Preis – Den berühmten Satz „in Zeiten der Wirtschaftskrise“ möchte ich jetzt gar nicht verwenden, denn ich denke an dieser liegt es nur zum Teil – die schönen Hotels in Österreich sind einfach sauteuer. Ein 4-Sterne Superior Hotel in Zell am See, dass ich seit Jahren besuchen möchte kostet min. 300€ pro Nacht im DZ inkl. Frühstück. Ein spezielleres Zimmer würde mir besonders gefallen und das schlägt mit 400€ pro Nacht im DZ zu Buche. Fazit: Die schöne Ferienhotellerie ist einfach unglaublich teuer. Zwei Nächte in Zell am See in diesem besagten Hotels kosten mehr als ein ganzes WE in Lissabon inkl. Flug und 2 Nächte in einem 4-Sterne Hotel. Dieses Argument hat uns dann im Frühjahr auch nach Lissabon verführt. Apropos in Wien könnte man um 300€ schon in fast jedem 5-Sterne-Hotel nächtigen (ich habe gerade bei booking nachgesehen, nur 3 Hotels hätten über 300€ für heute Nacht gekostet).

 

  • Schwellenängste – Ein 4- oder 5-Sterne-Hotel bedeutet für manche Menschen psychischen Stress. Hier tauchen dann plötzlich Fragen auf wie: Benehme ich mich korrekt? Kann ich sein, wie ich bin?, Verwende ich das richtige Besteck?, Werde ich von den Mitarbeiter/innen gemustert? Bin ich korrekt gekleidet? In der Stadthotellerie geschieht diese Abgrenzung auch einen Stern nach unten: Manche Budget-Design-Hotels sind schon so extrem cool und professionell geworden, dass man selbst gar nicht mehr genügend cool und chic sein kann.

 

  • Und die allerwichtigste Frage: IST ES GEMÜTLICH? Die Professionalisierung in der Hotellerie hat um sich geschlagen, alles wird standardisiert und geordnet, professioneller eben. Die Rezeptionisten/innen begrüßen die Gäste mit Namen, können sich aber 2-Minuten später nicht mehr an den Namen oder schlimmer noch an den Gast erinnern. Versucht wird durch die Nennung des Namens und verordneten Gesichtsverstellung, dem Gast Offenheit, Freundlichkeit und Willkommen sein zu vermitteln und doch spürt man die Theateraufführung. Benehme ich mich dann als Gast auch „normal“? Und kann ich in dieser inszenierten Vorstellung Entspannung finden? Und jetzt meine eigentliche Frage – Wünscht sich die Branche einen professionelleren Gast?
    Es wäre doch zu schön, wenn Gäste, in ihrem Gast-sein immer in einem bestimmten Rahmen agieren und die Hotellerie alles standardisieren könnte. Die Standardisierung kann manchmal schon ziemlich nerven z.B. ein Beispiel aus Innsbruck – bei meiner allerletzten Prüfung auf der Uni habe ich in einem Innsbrucker Hotel gefragt, ob ich wohl 1 Stunde länger am Zimmer bleiben könnte, um mich optimal auf mein Rigorosum vorzubereiten. Die Antwort war NEIN. Kennen Sie eine nervenzährendere Angelegenheit als die letzte Prüfung an der Uni? Wo ist nur die Menschlichkeit geblieben? Alles im Hotel ist bis in das letzte Detail geplant und dann, wenn es drauf ankommt, dass man als Mensch im Hotel auch wahrgenommen wird, lautet die Devise von Check-in bis Check-out. Hier könnte man einwenden, wahrscheinlich war das Hotel voll gebucht usw. aber alles Pustekuchen, es war ein Freitag im Mai in Innsbruck in einem Austria Trend Geschäftshotel. Die Anreisen an diesem Tag waren unter Garantie spärlich, zumal das Hotel von Mi auf Fr auch schon sehr spärlich gebucht war. Wie auch immer, in einem 3-Sterne-Hotel, wahrscheinlich in familiärer Hand wäre mir das NIEMALS passiert, da sieht man noch den Menschen. Das führt mich zu meinem nächsten Punkt, den ich

 

  • Peter Alexander Romantik“ nenne. In den guten alten Peter Alexander Filmen ist meist alles heil und manche Gäste sehnen sich in diese Zeit zurück: lachen, spielen, singen. Natürlich ist es ein komplett überzeichnetes Bild, doch die Sehnsucht rührt tief. Die unperfekten Familienhotels können aus diesem Potenzial schöpfen, die Möblierung mag zwar urig sein, nicht perfekt abgestimmt, doch unter diesen Oberflächen sieht man noch Familien die sich um die Gäste „echt“ bemühen. Im Gegenzug kann man als Gast auch etwas mehr „laissez-faire“ sein und entspannen in seiner ureigensten Form.

 

  • Diese oben angeführten Punkte sind eng mit dem Trend von airBnB verwoben, man möchte der Professionalisierung entkommen – jeder Trend braucht auch schließlich seinen Gegentrend und bei diesem Gegentrend profitieren nicht nur private Anbieter, sondern auch Mittelklassehotels.

 

  • Wieso nicht 1- und 2-Sterne-Hotels? Ja, gute Frage, ich denke, weil sie schlicht für unseren Zeitgeist schon zu wenig Komfort bieten und es auch kaum mehr Betriebe gibt. Österreich verfügt über ganze drei 1-Stern-Hotels und 70 2-Sterne-Hotels. Mit Gasthöfen, Pensionen und Heimen mitgerechnet sind es ca. 150 1-Stern-Betriebe und 1.321 2-Sterne-Betriebe.

 

  • Immer Luxus ist langweilig. Schlicht und ergreifend, je öfter man Luxus konsumiert umso langweiliger wird er. Manchmal ist dann eben das 3-Sterne-Hotel das Exotische und obendrein ist der Preis ansprechender.