Love-Tender-Care by RosaPfeffer - das böse W-LAN

 

Zum Einstieg eine Geschichte, die unlängst einen Immobilienmakler zur Decke gebracht hat.

Ich besichtige ein hübsches Häuschen und der Immobilienmakler fragt interessiert nach meinem Beruf. Das Wort Hotel fällt und zack, los geht es: Er und seine Familie waren unlängst in einem renommierten Thermenhotel zu Gast, der Aufenthalt nicht billig und die Familie unglücklich. Herr und Frau Immobilienmakler konnten nicht gut schlafen. „Schlafen ist doch die zentrale Leistung in einem Hotel“, so der gute Mann. Mein Gehirn begann zu rattern, was war wohl der Grund, kann ich es erraten? Zugegeben, dagegen war ich chancenlos – mein Mindset ist gänzlich anders gestrickt. Ich dachte an störende Geräusche, Trockenheit im Zimmer/schlechtes Klima, zu laute Klimaanlage, Sex der Nachbarn, kratzende Bettwäsche, unbequemer Polster etc. Aber es war das W-LAN. Die Hotelbetreiber hatten es in der Nacht nicht abgeschaltet und somit war es schwer, in den Schlaf zu finden. Zuhause hat die Familie einen Timer, der das W-LAN nach den familiären Wach- und Schlafphasen steuert. In einem Wellnesshotel wiederum war ihre Erwartung, das W-LAN muss in der Nacht angedreht sein, denn schließlich geht es bei diesem Aufenthalt um Erholung und Gesundheit.

Aus Sicht eines Hoteliers ist diese Geschichte sicherlich ein schwieriger Spagat, denn der nächste Gast möchte bis 3 Uhr morgen Netflix schauen oder surfen, der übernächste Gast möchte seine Schlafphase mit dem Handy überwachen und benötigt dazu die ganze Nacht W-LAN und dazwischen ist ein Gast, der Angst vor der Strahlung hat.

Doch was steht hinter dieser Geschichte? Dies ist eine sehr vielschichtige Angelegenheit:

Erstens geht es um Erwartungen. Wellness- und Thermenhotels schreiben sich Wohlbefinden und Gesundheit groß auf die Fahnen. Beides sehr erfahrungs- und glaubensgeprägte Dinge. Die Hotelbranche muss das steigende Körperbewusstsein der Gäste bewältigen. Eng verwoben ist hier das Thema Ernährung, denn dann kommen schon Gluten, Lactose, vegan, vegetarisch, Fructose etc. hinzu und Schwupps ist man bei der Materialauswahl im Hotel: Teppich als Hygienemanko, Daunen als Nistplatz für Hausstaubmilben, Weichspüler für die Handtücher und so weiter und so fort.

Zweitens ist es gerade sehr en vogue, ein Hotel als zweites Zuhause zu vermarkten. Für mich eine schwierige Gratwanderung, denn wenn es wie sein Zuhause ist, dann wird der Gast auch eingeladen, all seine Erwartungen mitzubringen und die kann einfach KEIN Hotel der Welt erfüllen. Daheim ist Daheim. Sicherlich ist es verlockend, ein Zuhause, weit weg von zu Hause zu haben, aber das sprachliche Signal geht auch dahin, dass alles wie gewohnt ist und der Gast alles tun und lassen kann wie Zuhause. Doch ist ein Hotel nicht auf eine Person zugeschnitten, sondern auf Tausende und jeder Gast hat andere Gewohnheiten, Motive, Erwartungen, Zugänge und da kann man ganz schön schnell auf das Glatteis geraten, denn wie können Sie dem Gast erklären, dass er/sie in seinem Zuhause das W-LAN nicht abschalten darf?

 

Bleiben Sie dran, in ein paar Tagen kommt die nächste Geschichte zur Serie: Love, Tender, Care.