Kürzlich erzählte mir ein Bekannter, für den Reisen praktisch zum Beruf gehört, er hätte nun endlich das perfekte Hotel gefunden. Alles was ihm gefällt, vereint dieses Haus und er war überschäumend begeistert. Man muss dazusagen, er arbeitet als Pharmareferent und bereist jede Woche ein anderes Hotel. Doch auch diese eine langersehnte Wohlfühloase hat einen Haken., Sie wissen bereits was jetzt kommt, genau: Das Klopapier.

Und trotz Lobeshymnen auf das Grazer Hotel, blieb ihm das Toilettenpapier nachhaltig in schlechter Erinnerung. Es war, wie soll man sagen, zu dünn, zu minderwertig.

Er hätte sich 4-lagiges Klopapier erwartet. Obwohl die Vielschichtigkeit in Österreich sogar bis zu 5-Lagen bereithält, was gar nicht so selbstverständlich ist, wie einige Nachforschungen ergeben haben.

A roll of white toilet paper hanging on a chrome toilet roll holder on an isolated white textured background

(© Fotolia)

Diese Geschichte lässt mich nicht mehr los, da ich vor Jahren einen Beitrag in Ö1 gehört habe über „Die Rolle im Leben – das Klopapier“ und mir vorher die Bedeutung dieses Themas völlig (wirklich völlig) entgangen ist. Das ließ mein Forscherinnenherz gleich höherschlagen und ich machte daraus ein Experiment. Ich erwarb von jeder Sorte Klopapier eine Packung (ca. 20 Packungen), stapelte die Rollen übereinander und erhielt eine Wand aus Toilettenpapier. Das Angebot ist schier endlos und so auch die Qualitätsunterschiede.  Unsere Gäste lachten sich krumm, aber jeder berichtete über seine Präferenzen.

 

Erkenntnisse von Ö1 zum Klopapier:

  • Die Erfindung geht zurück auf den Kaiser von China. Bei uns gibt es WC-Papier seit den 1920 Jahren im Handel, vorher verwendete man alte Zeitungen, Lappen und was sonst noch so zur Hand war.
  • Klopapier ist ein Indikator des Fortschritts: Je höher der Lebensstandard, desto besser wird das Klopapier. Man kann es bei Reisen gut beobachten, in ärmeren Ländern ist das WC-Papier unangenehmer, als in höher entwickelten Ländern. In Frankreich ist es Kult, nirgends ist es weicher.
  • Unterscheidungskriterien sind die Lagigkeit (bis 5-Lagen in Österreich, bis 6-Lagen in Frankreich), Duft, Weichheit vs Festigkeit, Bleichung (ungebleicht oder weiß gebleicht), Taktilität.
  • Tricks aus der Werbung: Klopapier zu verkaufen ist nicht einfach , denn man darf nicht offen darüber sprechen. So haben findige Mareketer das Thema mit Kindern oder Tieren aufbereitet. Die emotionale Botschaft lautet Fürsorge und Schutz – im Marketing geht man sogar soweit, dass der Kauf des Toilettenpapiers die Liebe zur Familie ausdrückt. (Wer also beim nächsten Familienbesuch nur noch 2-lagiges Papier vorfindet, sollte vielleicht vorgewarnt sein.)
  • Die Rolle unseres Lebens wird auch den Jahreszeiten mit Motiven und Düften angepasst. Vielleicht kennen Sie das Eulen-Klopapier von DM im Herbst?
  • Übrigens wird Qualität über die Farbe „Weiß“ kommuniziert.
  • Und beim Wischen gibt es zwei „Glaubensrichtungen“: Knüller und Falter. In Österreich sind wir Falter. Im angloamerikanischen Raum wird geknüllt.
  • In Indien wird nur die linke Hand zum Toilettengang verwendet. Würden Indien und China auf Klopapier umsteigen, gäbe es im Nu keine Wälder mehr.

Sie sehen, man kann Romane über WC-Papier verfassen.

Und was hat das alles mit Hotels zu tun? In Hotels faltet, prägt oder klebt man Klopapier, um die Sauberkeit zu demonstrieren – quasi die Putzfrau war die letzte Person in diesem Raum vor dir. Es ist ein gerne verwendetes Beispiel für Service-Design, die Serviceleistungen sichtbar machen soll. Hier könnte man noch einen Schritt weitergehen und mehr über die Qualität des Papiers nachdenken.

buntes toilettenpapier

(Bild: RENOVA colors, the sexiest paper on earth)

Mein einprägsamstes Klopapier-Hotel-Erlebnis war übrigens in Lissabon, das Hotel stellte sonnengelbes Papier auf einer schwarzen Rolle zur Verfügung. Ich war dermaßen begeistert, dass ich ein Lissabon-Souvenir der etwas anderen Art mit nach Hause gebracht habe.