Gerade lausche ich gespannt die zahlreichen Clubhouse Sessions über die Zukunft der Hotellerie. Aus Fragen, was uns erwarten wird und was komplett normal bleiben wird, ist ein interessanter Ideendschungel entstanden. Wir befinden uns in steten Veränderungsprozessen und das war in den 90er Jahren nicht anders als jetzt. Ein großes Augenmerk kommt gerade jetzt der Digitalisierung zu und hier möchte ich einhaken.
Mehr Zeit für die Gäste
Oft hört man, dass sich die Mitarbeiter durch die Digitalisierung besser um die Gäste kümmern könnten, da sie mehr Zeit für den persönlichen Service hätten. So weit stimme ich dem auch zu, vieles wird leichter und man kann Zeit einsparen. Ob sich allerdings dadurch die Mitarbeiter besser um die Gäste kümmern können, bezweifle ich stark. Gewünscht sind offene Mitarbeiter, die locker und lässig mit den Menschen ein Gespräch beginnen, empathisch auf Menschen zugehen, ihnen die Wünsche von den Augen ablesen und Tipps geben. Allerdings ist meiner Erfahrung nach und hoffentlich täusche ich mich, diese Sorte an Menschen sehr selten. Ich erlebe öfters das Gegenteil, wo sich Mitarbeiter lieber hinter Arbeiten verstecken und nicht aktiv auf die Gäste zugehen. Manchmal sogar gepaart mit der Angst vor dem Gast. Mit der zunehmenden Digitalisierung wird den Mitarbeitern auch noch die oft unverfängliche Einstiegskommunikationsmöglichkeit des persönlichen Check-ins genommen. Jetzt müssen sie also quasi ins Blaue hinein offen und gut gelaunt ein Small Talk Gespräch beginnen. Natürlich ist es ein Unterschied, ob Stadthotellerie oder Ferienhotellerie. Ein Businessgast möchte wahrscheinlich nach einem langen Meetingtag in Ruhe gelassen werden, oder auch nicht, vielleicht besucht er immer das gleiche Hotel und möchte gerne noch plaudern. Es kann schon sehr einsam alleine auf Geschäftsreise sein, besonders nach Corona.
Mit der Digitalisierung steigt das Redebedürfnis
Bei meinen Kunden lässt sich diesbezüglich auch ein klarer Trend ablesen: Umso mehr Digitalisierung Einzug hält, umso intensiver möchten die Gäste betreut werden. Das Rezeptionsteam wird ständig aufgestockt, denn man möchte die Tipps von einem anderen Menschen hören und nicht in einer App lesen. Beziehung und Resonanz sind die Zauberwörter. Nur da brauchen wir Mitarbeiter/innen, die Menschen lieben und gerne und viel reden. Gar nicht so leicht, wenn die Sozialisierung auf dem Smartphone, mit der Switch und dem Tablet auf Instagram, TikTok, WhatsApp, Signal, SnapChat, Zoom, Teams, Skype und so weiter abläuft. Plus in jungen Jahren und oft sind die Mitarbeiter in Hotels jünger hat man noch das Selbstbewusstsein locker und lässig auf andere Menschen zuzugehen.
Meine liebe Freundin erzählt immer die Geschichte von ihrer Zeit an der Rezeption, sie fand es ganz schrecklich, bis sie einen Trick gefunden hatte, um die Menschen besser zu verstehen: Sie stellte sich vor, sie arbeite in einem Krankenhaus mit Patienten (Menschen, die unbedingt Ruhe benötigen oder einsam sind) und plötzlich fand sie ganz leicht den Zugang zu den Gästen. Ihre Fragen waren: Wie geht es Ihnen denn heute?, Wie war die Anreise? (mit dem Bewusstsein, dass eine Anreise schon eine Aufregung ist und anstrengend), Möchten Sie noch einen Polster? (mit dem Bewusstsein, dass man im eigenen Bett immer besser schläft).
Vielleicht ist es wie Reini Lanner immer sagt, dass es nötig wäre, mehr Kompetenz von Krankenschwestern im Tourismus zu etablieren.