Wie wirkt „die Gästin“ auf Sie? Ist es noch fremd oder ist es schon in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen? Für mich ist es noch beides. Ich höre sehr viele PodCasts und in meiner Bubble ist es schon so normal, dass ich mich nicht mehr erschrecke – ja, das erste Mal „Gästin“ zu hören hat mich erschreckt. In meinem Wortschatz ist es zwar angekommen, aber ich muss bewusst daran denken. Ähnlich erging es mir vor 15 Jahren mit „Typin“. Jetzt ist es aktiver Teil meines Wortschatzes. Ähnlich erging es uns allen vor 25 Jahren mit „googlen“. Ja, Google feiert gerade sein Quarterlifekrise. (Mal sehen, wie Google uns nächsten Monat mit AI überrascht.)
Sprache ist lebendig und kann nicht eingefroren werden und die Sprache der Jugend ist immer anders.
Aber eigentlich möchte ich mich dem Thema „gendern“ widmen. Es wird oft argumentiert, das Gendern nicht wichtig sei und nichts bringt. Dem muss ich widersprechen – hier zwei Beispiels aus meinem beruflichen Umfeld:
Kürzlich durfte ich drei Pitches begleiten. Drei Unternehmen haben präsentiert. Aber in keiner Präsentation kam eine Frau als Protagonistin vor.
Sprache aktiviert sofort unser Kopfkino. Unsere Fantasie wird mit Wörtern lebendig. Probieren wir es gleich einmal aus: Stellen Sie sich einen Arzt vor, der eine Spritze gibt. Und haben Sie sich gerne eine Ärztin vorgestellt? Wahrscheinlich nicht. Genau das ist der Trugschluss: Sprache formt letztlich auch die Welt.
Wir stehen an einem Wendepunkt.
Frauen und auch Männer sind und werden bewusster. Die Filme sind anders geworden, top of mind ist natürlich Barbie, aber auch Filme wie Super Mario Bros oder Asterix und Obelix im Reich der Mitte. Auch die Serien ziehen mit und der Spin ist ein anderer, z.B. The Morning Show, Only Murders in the Buidling oder Ted Lasso. Kurz: Die Geschichten, die erzählt werden, klingen anders. Me Too hat die Welt verändert. Und jetzt ist es an der Zeit, dies auch im Marketing zu leben.
Diese veränderte Welt kommt auch im Tourismus an, z.B. eine Kundin von mir bekommt oft das Feedback, dass ihre Website nicht gegendert ist.
Natürlich möchte sie Männer und Frauen gleichermaßen ansprechen, aber dafür müsste sie die ganze Website neu schreiben. Es ist ein Spagat zwischen Kosten-Nutzen-Rechnung und zielgruppengerechter Kommunikation. Natürlich ist es mehr Aufwand, alles gendergerecht zu schreiben. Und leider ist die KI dabei noch keine große Hilfe.
Mitgemeint oder exkludiert?
Alle Frauen haben es perfekt intus, aber es ist anstrengend immer überprüfen zu müssen, ob man gerade mitgemeint oder exkludiert ist. Unbewusst denkt man immer als Frau mit: Betrifft es mich gerade oder ist es nicht für mich gemeint. Zwei Beispiele: Der Arzt verschreibt ein Medikament. Hier darf man sich auch eine Ärztin vorstellen – also Frauen sollen sich mitfühlen. Jeder Mensch kann Papst werden. Hier gibt es keine weibliche Form. Es kann nur ein Mann Papst werden – hier darf man sich exkludiert fühlen. Wenn Sie meine Argumente bis jetzt nicht überzeugt haben, mein nächstes Argument ist wasserdicht.
Die Schulbücher sind durchgängig auf Frauen angepasst. Mein Sohn schreibt als Hausaufgabe: Elektrikerinnen verlegen auf der Baustelle Stromleitungen. Und das Kopfkino sieht sofort eine Frau und keinen Mann. Die Kinder wachsen in einem anderen Bewusstsein auf. Die Veränderung der Sprache führt uns auch in eine neue Zukunft. Wenn wir uns dem Verschließen, verschließen wir uns einer riesigen Zielgruppe von morgen.
Meine bevorzugte Variante beim Gendern ist der Doppelpunkt. Meine Kund:innen schätzen meine Offenheit.
Hallo Barbara
habe gerade den Text bezüglich „Gendern“ gelesen und sehe das ehrlich gesagt nicht so.
Zu 99,999 Prozent gibt es auf unserer Erde weibliche und männliche Wesen.
Unser Kinder bekommen etwas vorgelebt was nicht der Normalität entspricht.
Wir kommen aus Bayern und eröffnen in 2026 ein Ferienhaus für ganze Familien.
Viele Grüße
Stefan