In Schweden ist die „Flygskam“, zu Deutsch die „Flugscham“, bereits ein geflügeltes Wort. Und auch bei uns nimmt sie zu. In Schweden ist innerhalb eines Jahres die Anzahl der Flugreisen rückläufig (Inlandsflüge minus 3%). Obwohl Schweden das Land mit den meisten Flugreisen pro Kopf ist. Die Bahn erfreut sich über einen neuen Boom. Besonders Reisen mit Nachtzügen werden immer beliebter.


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Flugscham in Österreich

Und ich merke, die Flugscham hält auch bei uns Einzug. Plötzlich fährt eine Freundin mit dem Zug nach Berlin. Ja, der Umwelt zuliebe und teilt das auf Instagram. Dann bekomme ich eine WhatsApp Nachricht: „Seit du mir von Flugscham erzählt hast, möchte ich auch mit dem Nachtzug verreisen.“ Und die Kreise werden immer größer. Ich merke schon, dass ich mich auch nicht mehr ganz wohlfühle in meiner Haut: wir fliegen heuer nach Spanien und nächstes Jahr ist eine Fernreise geplant. Sind unsere Flugreisen unseren Kindern gegenüber noch vertretbar? Zur Gewissensberuhigung leiste ich Kompensationszahlungen. In Wien haben wir sowieso ein selbstauferlegtes Tabu mit dem Auto zu fahren. Sofern mit den Öffis erreichbar und kein Kind fiebert, werden die Öffis genommen. Außerdem nutze ich immer häufiger den Zug für Geschäftsreisen.

Bedeutung für den Tourismus:

Aber was bedeutet das für den Tourismus? Ist die Tourismusbranche auf diese Kehrtwende überhaupt vorbereitet? Derzeit wird nettes Grün-Waschen betrieben, da kommen Bienenstöcke auf die Hotels, die obligatorische Handtuch Lüge wird in den Bädern bemüht und der Wegfall von Pflegeprodukten in winzigen Plastikverpackungen sollen Gästen ein grünes Gefühl geben. Wenn man ehrlich ist, sind es nur Kleinigkeiten, klar höhlt steter Tropfen den Stein. Aber in Zukunft wird es um die großen Schritte gehen: Was passiert mit den Hotels, wenn in den Compliance Richtlinien festgehalten wird, dass nur noch Hotels mit Umweltzertifizierung buchbar sind? Was passiert, wenn Booking und Co die Funktion „nach ökologischen Hotels buchen“ hochfährt? Was passiert, wenn die Gäste genauer nachfragen und hinsehen? Entsorgtes Essen, Müllberge, schädliche Chemikalien, Wasserverbrauch… die Liste könnte man endlos fortsetzen. Eines ist sicher, ein herkömmlicher Hotelbetrieb ist das genaue Gegenteil von Nachhaltigkeit. Ganz klein und leise merkt man erste Klimaschutzmaßnahmen schon heute, aber sie werden noch so richtig Fahrt aufnehmen. Erste Anzeichen merkt man schon in den Supermärkten. Die Milch in der Glasflasche, bitte jetzt keine Diskussion, ob das umweltfreundlicher oder umweltschädlicher ist. Die Feinkost im unbeschichteten Papier oder mit eigenem Tupperware. Der Wegfall der Obst- und Gemüsesackerl. Es geht um Veränderung. Es geht um das Bewusstsein der Konsumenten und ein Umdenken. Erste Tendenzen lassen sich schon jetzt beobachten:

  • Die Mineralwassererzeuger, die plötzlich weg von der Jungbrunnenwerbung gehen und in einer ständigen Wiederholung bezeugen müssen, dass PET Flaschen recycelt werden und ein ewiges Leben genießen.
  • Die Spannleintücher, die plötzlich ein BIO Zertifikat aufweisen und nicht mehr in Plastik verpackt, sondern mit einem Bändchen zusammengebunden werden.
  • Der TUI Katalog, der plötzlich bei spanischen Hotels dazuschreibt, dass keine Plastikflaschen im Hotel verwendet werden.
  • Der REWE Konzern, der diese Seite gemeinsam nachhaltig bewirbt und „raus aus Plastik“ propagiert.

Alles kleine Signale nur hört die Signale. Es wird sich was bewegen und selbst wenn es noch ein paar Jährchen dauert: Die Entscheider von morgen hören heute auf Greta Thunberg „Fridays for future“ und gehen mit ihr auf die Straße.